Frei geschrieben. Mut, Freiheit und Strategie für wissenschaftliche Abschlussarbeiten.2019-07-12T08:53:47+00:00

Frei geschrieben. Mut, Freiheit und Strategie für wissenschaftliche Abschlussarbeiten.

Mit Chuzpe die wissenschaftliche Abschlussarbeit meistern

Judith Wolfsberger: Frei geschrieben. Mut, Freiheit und Strategie für wissenschaftliche Abschlussarbeiten.
(erschienen bei Böhlau, 2007, 3. Auflage 2010 bei utb)

Und hier geht es zum privaten Schreibinstitut writer’s studio in Wien, dem Schreibraum der Autorin: https://writersstudio.at/

Was Schreiben braucht

Schreiben ist ein Handwerk. Und um es zu erlernen,  benötigt man Wissen, Werkzeuge und viel Übung: Ich sollte Wissen über mein Schreibthema haben, über die Textsorte, die ich verfassen und die Lesenden, die ich erreichen möchte. Dazu verwende ich Werkzeuge wie Schreibtechniken (z.B. Mind Map, Freewriting, Clustering), aber auch Computer und Schreibjournale. Und je mehr ich schreibe, desto besser werde ich, desto leichter fällt mir das Verfassen von Texten.

Doch das Schreibhandwerk braucht noch etwas darüber hinaus: Mut und Freiheit und Kreativität. Den Mut, sich zu zeigen und etwas zu probieren, den Mut, zu versagen und wieder aufzustehen. Es braucht die Freiheit, zu lernen, Fehler machen zu dürfen, seinen eigenen Stil zu finden. Die Kreativität, alte Pfade zu verlassen, einen neuen Blick auf die Dinge zu wagen und zu einem überraschenden Ergebnis zu kommen.

Warum ist dieses Buch besonders?

Um Mut, Freiheit und Kreativität geht es in Judith Wolfsbergers Schreibratgeber für wissenschaftliche Abschlussarbeiten. Sie zeigt Strategien, mit denen Studierende ihre Abschlussarbeit erfolgreich und ohne Dauerstress verfassen können. Und dieser Fokus auf das Schreiben als Abenteuerreise, bei der man mutig sein muss, sich Freiheiten gewährt und sich so entwickelt, sich ausprobiert und neues wagt, macht das Buch zu einem besonderen Schreibratgeber.

Judith Wolfsberger beschreibt in ihrem Buch das Verfassen der wissenschaftlicher Abschlussarbeit mit Blick auf den Schreibprozess. Sie erzählt, was einen beim Verfassen eines so langen Textes an einer deutschsprachigen Hochschule erwartet und was man alles aus diesem Prozess für sich mitnehmen kann, wenn man sich darauf einlässt und diesen Prozess selbstbewusst gestaltet.

Anhand ihrer Erfahrungen als Schreibende und als Schreibtrainerin erklärt sie, wie man sich den Arbeitsprozess organisieren kann, wie man zu einer tragfähigen Forschungsfrage kommt, wie man sich auf Sprechstunden vorbereiten und mit Betreuenden seine Fragen besprechen kann, wie man kritisch mit Fachliteratur umgehen kann, wie man aus Motivationstiefs wieder herauskommt und weiterschreiben kann, worauf es bei der Überarbeitung ankommt. Dafür gibt sie ihren Leser*innen Informationen und Schaubilder und am Ende jedes Kapitels Fragen, Aufgaben und Techniken an die Hand. Jedes Kapitel endet so mit einer Aufforderung an die Leser*innen etwas zu tun und bringt sie ins Handeln.

Wie das Buch aufgebaut ist?

In den ersten 3 Kapiteln beschreibt Judith Wolfsberger die Schreibsituation an deutschsprachigen Hochschulen und erklärt, warum es wichtig ist, sich trotz möglicher herausfordernder Umstände der Abschlussarbeit zu stellen. Sie berichtet von ihrer jahrelangen Erfahrung als Schreibberaterin und Schreibtrainerin und gibt dadurch Mut und Hoffnung, dass wirklich jede*r die Arbeit meistern kann – mit einem eigenen Weg und etwas „Chuzpe“ (S. 125).

In den Kapitel 4, 5, 14 und 15 lernt man, wie man sich den Schreibprozess organisieren und gestalten kann mit den richtigen Schreibgeräten und inspirierenden Schreiborten, wie man seine Zeit sinnvoll plant und in 6 bis 9 Monaten recht entspannt seinen Text verfasst mit täglich etwa 4 Stunden Schreibzeit und ausreichend Puffer und Ruhezeit.

In den Kapiteln 7, 8, 10, 11 und 13 geht es konkret um das wissenschaftliche Schreiben und Themen wie die Forschungsfrage, die Struktur des Textes, die Wissenschaftssprache und das Arbeiten mit Fachliteratur. Dabei steht wie im ganzen Buch der Mut zum eigenen Weg im Vordergrund.

Um in den Schreibfluss zu kommen und mit eigenen Schreibhemmungen umzugehen, gibt es Ratschläge und Zuversicht in den Kapiteln 6, 12, 16 und 17. Judith Wolfsberger empfiehlt auch ganz ausdrücklich, ein privates Schreiben zu praktizieren. Für sich zu schreiben – zum Beispiel in Morgenseiten (S.74-75) – hilft eine Schreibroutine aufzubauen, das Schreiben zu trainieren, sich im Schreiben auszuprobieren und eine Schreibstimme zu entwickeln und sich alles Belastende von der Seele zu schreiben. Glücksversprechend ist der Schreibmarathon, den sie in Kapitel 17 erklärt. Angeregt vom National Novel Writing Month – initiiert von Chris Baty – spricht Wolfsberger sich dafür aus, auch beim Verfassen der Abschlussarbeit idealerweise gemeinsam mit anderen in einem Marathon über eine bestimmte Zeit mit einem bestimmten Wortziel zu schreiben. Bei diesem Marathon gilt Quantität vor Qualität, den inneren Zensor in den Urlaub zu schicken und all sein Wissen zu seinem Thema aufs Papier zu bringen. Denn eines ist klar: Ein schlechter Text lässt sich leichter überarbeiten als ein leeres Blatt.

Wie man dann mit dem Rohtext umgehen und ihn überarbeiten sollte, zeigt Judith Wolfsberger in den Kapiteln 18, 19 und 20. Den letzten Feinschliff und den Mut zum Abgeben bespricht sie  in Kapitel 21.

Zwei besondere Kapitel

In Kapitel 9 „Selbstbewusst das Selbstverständliche einfordern. Kommunikation mit Betreuenden“ fordert Judith Wolfsberger die Studierenden auf, sich selbstbewusst, vorbereitet und respektvoll an ihre Betreuenden zu wenden, sie als Senior-Partner*innen im Schreibprozess zu sehen, von denen man bestimmte Aussagen, Hilfe, Gespräche erwarten kann. Auch aus unserer Erfahrung ist das ein Punkt, der sich für viele Studierenden seltsam anfühlt und verunsichert: Wie kann man mit derjenigen Person, die den fertigen Text später bewertet, während des Arbeitsprozesses ein Gespräch führen, ohne sich für seine Fragen zu schämen oder zu fürchten, dass diese Offenbarungen die Bewertungen negativ beeinflussen. Das beruhigende daran ist, dass diese Fragen sowohl die Studierenden als auch die Lehrenden beschäftigen. Ein transparenter und respektvoller Umgang kann beiden Seiten helfen.

Und in dem letzten Buchkapitel „Die Lust, weiterzuschreiben. Schreibkompetenz als Erfolgsfaktor“ schließt Judith Wolfsberger ihren mutbringenden Ratgeber mit Überlegungen dazu ab, was nach der Abschlussarbeit geschehen kann. Anders gesagt, eröffnet sie den Blick auf die Zukunft nach der Abschlussarbeit und zeigt, welche Vorteile es hat, die entwickelte Schreibkompetenz einzusetzen und warum es gut ist, weiter zu schreiben.

Für wen ist das Buch interessant?

Dieser Ratgeber ist genau der Richtige für alle, die das Verfassen der wissenschaftlichen Abschlussarbeit nicht nur als letzte Pflicht im Studium betrachten, sondern die Zeit freudvoll, entspannt und erkenntnisgewinnend erleben möchten. Er ist für diejenigen geschrieben, die Spaß am Schreiben haben und das auf das wissenschaftliche Schreiben übertragen möchten. Er ist für Studierende, die mit Schreibhemmungen zu kämpfen haben und in einem Ratgeber einen Zuspruch suchen. Dieses Buch gibt seinen Lesenden den Mut und die Hoffnung, den langen Schreibprozess durchzustehen und durchaus auch Freude dabei zu haben.

Lehrende bzw. Betreuer*innen wissenschaftlicher Arbeiten und Schreibberater*innen können dieses Buch als eine Art Schatzkiste nutzen: Sie finden in diesem Buch allerhand motivierende Argumente für Beratungsgespräche sowie Anleitungen für Schreibtechniken – übersichtlich auf ein bis zwei Seiten je Kapitelende. Sie können darin selbst stöbern oder dieses Schatzkästchen ihren Schreibenden empfehlen.

Unser Fazit

Judith Wolfsberger steht mit diesem unkonventionellen, erzählenden, kreativ gestalteten und dennoch übersichtlich strukturierten Ratgeber den Schreibenden mit Tipps und Motivation zur Seite, sie teilt mit ihnen ihre Sorgen, Ängste und Wut und vermittelt gleichzeitig Zuversicht und Techniken, um sich in das Abenteuer Abschlussarbeit zu stürzen.