Gemeinsam über Bücher quatschen.
Wie gründet man einen Buchclub?
Fühlst du dich auch als Leseratte? Magst du es, dich ewig mit einem Buch irgendwo hinzukuscheln und in andere Welten abzutauchen? Oder regt dich beim Lesen auch manchmal so auf, wenn eine Figur völlig doof falsche Entscheidungen trifft? Am liebsten würdest du ins Buch greifen und der Figur sagen, wie falsch sie alles versteht… Oder ärgerst du dich, weil da Sachen stehen, die dich fassungslos machen, weil es so stimmt, weil die so passieren auf der Welt. Brauchst du dann auch Leute, mit denen du einfach mal über deine Bücher quatschen kannst?
Wie wäre es dann mit einem Buchclub?
In diesem Blogbeitrag erfährst du, was uns motiviert hat, Buchclubs zu gründen. Ich gebe dir Anregungen, welche Erfahrungen du nutzen kannst. Ich geben dir Tipps dazu, wo ein solcher Buchclub stattfinden kann, wo du Mitstreiter und Bücher findest. Ich zeige dir, wie so ein Buchclub-Treffen stattfinden kann und gebe dir am Ende eine Liste mit, worüber du beim Buchclub mit anderen Lesebegeisterten sprechen kannst. Und schließlich verrate ich die Termine und Bücher unserer nächsten Buchclubs.
Das sind die Inhalte des Beitrags:
- Was war unsere Motivation für einen Buchclub?
- Welche Erfahrungen hast du schon?
- Wo soll der Buchclub stattfinden?
- Wie wählst du die Bücher aus und wer soll an den Treffen teilnehmen?
- Wer moderiert den Buchclub und wie läuft das Treffen ab?
- Worüber kann man denn sprechen?
1. Was war unsere Motivation für einen Buchclub?
Im letzten Jahr haben wir mit Kindern im Alter von 7-10 und 11-14 Jahren Buchclubs durchgeführt. Das heißt, wir haben uns regelmäßig einmal im Monat per Videokonferenz getroffen und über jeweils ein Buch gesprochen, was wir zuvor alle gelesen hatten. Auf die Idee sind wir gekommen, weil die Kinder und Jugendlichen in unseren Schreibkursen immer wieder Beispiele aus der Literatur genutzt haben, um zu erklären, was ihnen an Texten wichtig ist oder was ihnen bei anderen aufgefallen ist.
Warum nicht also mal umgedreht vorgehen? Wir beschlossen, uns gute oder beliebte Bücher genauer anzuschauen und mit den Kindern detaillierter herauszufinden, was das jeweilige Buch so besonders macht und was wir als Schreibende daraus lernen können. Auf diese Weise haben wir tolle literarische Entdeckungen gemacht. Wir haben Bücher gelesen, auf die wir sonst nicht gekommen wären. Aber wir haben auch gemerkt, welche Art von Büchern wir nicht gern lesen oder was uns an Büchern nervt.
Und jetzt du!
Warum möchtest du einen Buchclub gründen oder an einem teilnehmen? Interessiert dich, was in den Geschichten erzählt wird? Oder eher wie Geschichten funktionieren? Liebst du einfach das Lesen und brauchst Gleichgesinnte? Interessiert dich auch, dir etwas fürs eigene Schreiben anzugucken?
2. Welche Erfahrungen hast du schon?
Für den Buchclub konnten wir an früheren Erfahrungen anknüpfen. Nora bringt einen großen Erfahrungsschatz als Kulturwissenschaftlerin und Vielleserin mit. Sie hat gefühlt schon immer ein Leben als Leseratte geführt und darum einen sehr guten Überblick über die Literatur, besonders die der letzten 25 Jahre, und kann vieles sehr gut einordnen. Sie durchschaut Erzählstrukturen, erkennt Themen und Trends. Ihre Liebe gilt besonders den Märchen, der Fantasy, Krimis, Geschichten über gesellschaftskritische Themen sowie künstlerisch anspruchsvollen Kinder- und Jugendbüchern. An der Universität Hildesheim habe ich häufiger den Literarischen Salon besucht und auf diese Weise Autorenlesungen und Literarische Gespräche über Klassiker oder Neuerscheinungen erlebt. Ich beschäftigte mich in meiner Zeit als Dozentin an der Uni auch auf theoretischer Ebene mit Literarischen Gesprächen für den Unterricht und lernte etwas darüber, wie sie strukturiert sein könnten und worüber es sich zu sprechen lohnt. Letztlich habe ich in meinem Seminaren mit Studierenden auch über Literatur gesprochen. Öfter im April habe ich auch bei meiner Lieblingsbuchhandlung mitgewirkt, schöne Veranstaltungen zum Welttag des Buches auszurichten. Hier haben wir 4. und 5. Klassen empfangen und mit ihnen über ein besonderes Buch gesprochen, wie „Momo“ von Michael Ende und „Der Träumer“ von Pam Muñoz Ryan. Oder wir haben einen Autor kurzer poetischer Texte vorgestellt, wie Jürg Schubiger. In diesem Jahr haben wir mit den Kindern über eine Auswahl aktueller Neuerscheinungen nachgedacht. So konnte ich meine Liebe zur phantastischen Literatur, zu Gedichten, zu gut erzählten Jugendbüchern, zu Büchern mit einer kecken Meta-Ebene und zu künstlerisch anspruchsvollen Bilderbüchern voll ausleben.
Und jetzt du!
Auch wenn du bisher noch keinen Buchclub besucht hast, hast du bestimmt trotzdem schon Erfahrungen mit Buchvorstellungen gesammelt, hast im Unterricht oder Studium über Bücher nachgedacht und dich ausgetauscht, hast vielleicht mal eine Lesung besucht oder ein Video geschaut. Vielleicht hast du schon selbst ein Buch vorgestellt. Schreibe spontan deine Gedanken zu den folgenden Fragen auf:
Woran kannst du anknüpfen? Welche Bücher magst du? Mit wem hast du schon über Bücher gesprochen? Hast du schon mal ein Buch in der Schule vorgestellt? Oder hast du vielleicht zugehört, wenn andere bei einer Veranstaltung oder auf Booktube über Bücher redeten? Was war dir bei diesen Gesprächen wichtig? Worauf achtest du beim Lesen? Wie müssen Bücher sein, damit sie dir etwas bedeuten? Worüber möchtest du dich gern mit anderen austauschen?
3. Wo soll der Buchclub stattfinden?
Buchclubs oder Lesegespräche können online als Videokonferenz, in sozialen Medien oder in Präsenz an einem schönen Ort stattfinden. Wir mögen beide Formen gerne.
Trifft man sich gemeinsam an einem schönen Ort, kann man sehr gut aufeinander eingehen. Man sieht die Reaktionen der anderen, man sieht und hört es rascheln, wenn alle in den Bücher blättern. Wenn jemand etwas vorliest, dann herrscht einfach eine schöne Stimmung im Raum. Man spürt sofort, ob etwas lustig oder spannend ist. Es kann aber auch sein, dass schüchterne Menschen sich etwas zurückhalten. Aber auch das ist ja in Ordnung.
Beim virtuellen Treffen kann man besonders mit großen Gruppen und auch mit Kindern sehr gut arbeiten. Gerade die Struktur der Videokonferenzräume ist eine gute Stütze bei der gemeinsamen Kommunikation und bringt eine angenehm produktive Ruhe in das Treffen. Lebhafte Diskussionen haben wir so aber auch schon erlebt.
Achte auf jeden Fall darauf, dass es ein sicherer, geschützter Ort ist.
Und jetzt du!
- Hast du einen Raum zur Verfügung (privat, Buchhandlung, Bibliothek, Kirche)? Darfst du ihn dekorieren? Viele Ideen dazu finden sich im Internet von Buchstabenservietten bis Einladungen, die wie Bibliotheksleihkarten aussehen.
- Oder führst du die Veranstaltung online durch? Wie möchtest du den Video-Konferenzraum gestalten? Was kannst du vorher einstellen, z.B. Chatfunktion? Möchtest du dafür eine Präsentation vorbereiten oder wird nur gesprochen?
4. Wie wählst du die Bücher aus und wer soll an den Treffen teilnehmen?
Diese beiden Fragen hängen miteinander zusammen. In unserem Fall hatten wir die Idee, genau für jene Kinder Buchclubs anzubieten, mit denen wir uns auch schon in den Schreibworkshops über Geschichten ausgetauscht hatten. Diese Kinder konnten wir direkt fragen, ob sie daran Freude hätten und über welche Bücher sie gern mal in der Gruppe sprechen möchten. Wir haben dann einige Wünsche der Kinder aufgenommen und um unsere eigenen Wünsche ergänzt. Dabei haben wir darauf geachtet, dass für jeden Geschmack und zur Altersgruppe passend etwas dabei war. Wir haben für die ganz jungen Leser schmale Kinderromane, Comics, Bücher aus unserer Kindheit und ein unterhaltsames Sachbuch ausgewählt. Die Themen waren dabei höchst verschieden: Es ging um Freundschaften, um Bösewichte und Helden, um Fantasiewelten. Es ging um Probleme im Elternhaus. Die Kinder interessierten sich für Umweltschutz in Geschichten und dafür, dass Kinder gehört werden.
Mit der jugendlichen Gruppe haben wir Klassiker, aktuelle Jugendromane, einen Jugendthriller, Teile von Reihen gelesen. Hier ging es schon um komplexere Themen und anspruchsvollere Bücher. Wir haben uns beschäftigt mit dem Leben neuseeländischer Maoris und der Wale, mit dem unterschiedlichen Leben in Ost- und Westberlin zu Zeiten des geteilten Deutschlands. Uns beschäftigten Fragen nach dem Erwachsensein. Wir schauten uns in Geschichten an, wie verschiedene magische Welten funktionieren, wie Machtstrukturen wirkten, welche Rolle einzelne und Gruppen spielen und wie Freundschaften helfen, mit Verrat umzugehen. Wir haben über die Darstellung von Außenseitern gesprochen. Wir haben uns ausgetauscht darüber, wie die Wirkmacht eines Computerspiels und wie Spannung in einem Jugendthriller erzeugt wird.
Um Bücher auszuwählen, gibt es natürlich vielfältige Möglichkeiten:
- Bibliothek und Buchhandlung: Du kannst mit in deiner Bibliothek oder Buchhandlung mit jemanden plaudern und dir Bücher zeigen lassen. In Buchhandlungen gibt es oft auch kostenlose Magazine, in denen die neuesten Bücher vorgestellt werden.
- Bestsellerlisten: Natürlich gibt es auch die Bestsellerlisten, auf denen du die Bücher findest, die von vielen Menschen gekauft wurden, für die sich also gerade viele Menschen interessieren. Ob diese Bücher gut sind oder dir gefallen könnten, darüber sagt diese Liste nichts aus.
- Empfehlungslisten und Rezensionen: Mit etwas online-Recherche findest du auch Listen mit Klassikern oder Bücher zu verschiedenen Themen oder verschiedener Genres. Natürlich kannst du auf den Seiten deiner Lieblingsverlage stöbern. Im Bereich Kinder- und Jugendliteratur können wir dir die Rezensionen und Listen der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien der GEW empfehlen. Bei der Auswahl von Büchern für jugendliche Lesende kann die Seite des LiFT-2-Projektes helfen.
- Booktube: Auf YouTube findest du unter dem #booktube viele Videos, in denen Menschen Bücher vorstellen, kritisieren und empfehlen. Hier ist für jedes Leseinteresse etwas dabei, von Fantasy-Reihen, Romantasy, Young Adult bis gehobener Literatur und Klassikern.
Mach dir aber auf keinen Fall Druck, wenn du all die tollen und wichtigen Bücher siehst, die du noch nicht gelesen hast. Das muss dich nicht einschüchtern. Fang einfach mit den Büchern an, die dich interessieren.
Und jetzt du!
- Mit wem möchtest du dich über Bücher austauschen? Wo findest du diese Menschen? In der Schule oder Uni? Mit einem Aushang in der Bibliothek? Im Freundeskreis?
- Oder möchtest du bei einem bestehenden Buchclub in deiner Stadt oder online mitmachen? In Hildesheim gibt es den Literarischen Salon und den intercultural bookclub der Uni. Vielleicht haben Universitäten, Schulen, Bibliotheken auch solche Veranstaltungen im Angebot?
- Für Schüler und Schülerinnen aus Niedersachsen gibt es den Julius Club in den Sommerferien. Hier kannst du aus einer großen Auswahl Bücher auswählen, schmökern und dich dazu künstlerisch austoben und an Ausflügen und Aktionen an deinem Ort teilnehmen und andere leseverrückte Menschen treffen. Auf der Website vom Julius Club findest du auch einen Blog mit Eindrücken, Empfehlungen, Berichten und Videos von Autorinnen und Autoren.
- Recherchiere doch auch im Internet – es gibt da verschiedene Formen, wie du an solch einem Austausch online teilnehmen kannst. Ich schaue gerne Booktube-Videos, z.B. von Joana June. Sie stellt in ihren Videos Bücher und Lesevorhaben vor und führt über Instagram ihren Juniverse Bookclub. Monatlich führt sie dann einen Live-Stream durch, bei dem sie die Bücher mit der Community bespricht.
- Wie möchtest du Bücher auswählen? Oder hast du sogar schon Favoriten, über die du gerne sprechen magst? Hat dich vielleicht auch ein Buch beschäftigt, betroffen gemacht oder geärgert beim Lesen? Gerade über solche Bücher kann man sich gut mit anderen austauschen und von dem Wissen und dem Trost profitieren oder sich auch in den ärgerlichen Erfahrungen gegenseitig bestätigen.
5. Wer moderiert den Buchclub und wie läuft das Treffen ab?
Unsere Treffen moderne wir abwechselnd. Eine von uns beiden übernimmt die Verantwortung oder Patenschaft für ein Buch und bereitet sich gründlich vor. Da unsere aktuellen Buchclub online stattfinden, erstellen wir eine kurze Präsentation. Darin zeigen wir jeweils zu beginn den Ablauf der Treffen, bereiten Informationen zu Buch und Autorin/Autor vor und notieren Fragen als Gesprächs- und Schreibimpulse. Nach den Treffen ergänzen wir am Ende die wichtigsten Dinge, über die wir in der Gruppe gesprochen haben. Manchmal gibt es auch Tipps rund um das jeweilige Buch, z.B. Verfilmungen oder Theaterinszenierungen des Buches, andere Buchempfehlungen zum Thema, Ausflugstipps an Schauplätze oder zu Ausstellungen.
Bei unseren Treffen halten wir uns an einen festen Ablauf. Das gibt allen Beteiligten etwas Sicherheit und Struktur. Diesen Ablauf haben wir aus der Literatur für den Deutschunterricht und aus dem Literarischen Salon der Uni Hildesheim abgeschaut. Unser Ablauf ist so:
- Begrüßung: Wir stellen uns vor, besprechen Termine und machen ggf. eine Buchvorschau.
- Input: Wir geben kurze Infos zu Autor/Autorin, Buch, Verfilmungen, sonstiges Wissenswertes über das Buch-Thema.
- Blitzlicht: Jeder sagt kurz in 1-2 Sätzen, was ihn/sie nach der Lektüre beschäftigt.
- Vorleserunde: Wir lesen schöne, spannende, irritierende … Stellen vor, ohne die zu kommentieren. So können sich alle nochmal an den Klang des Buches erinnern.
- Gespräch: Der Hauptteil. Wir sprechen über das Buch. Hier kann man gut mit Inhalten aus dem Blitzlicht und der Vorleserunde beginnen und Nachfragen, warum jene Stelle gewählt wurde, was das Blitzlicht genauer bedeutet. Ansonsten helfen natürlich eigene Notizen.
- Kleinere Schreibimpulse: Da Schreiben bekanntlich beim Denken und Verarbeiten hilft, nutzen wir gern kleine Schreibaufträge, um das Buch und das Gespräch jeweils ganz persönlich festzuhalten. Hier kannst du natürlich auch andere Möglichkeiten wählen, z.B. Malen und Zeichnen, Szenen spielen, in Musik umwandeln oder fortsetzen. Hier kann man auch erproben und diskutieren, was man für sein eigenen Schreiben mitnimmt.
- Abschluss: Hier fassen wir nur kurz die Highlights und offenen Fragen zusammen.
Und jetzt du!
- Gibt es jemand mit Erfahrung, der/die das Treffen moderieren kann? Oder machst du es selbst? Oder wechselt ihr euch in der Gruppe ab? In einer gleichberechtigten Gruppe kann jedes Gruppenmitglied einmal in die Rolle der Moderatorin schlüpfen und jeweils ein Treffen vorbereiten.
- Vielleicht mögt ihr einen festen Ablauf etablieren? Daran können sich die Moderator*innen und die Teilnehmenden gut orientieren.
6. Worüber kann man denn sprechen?
Das ist immer vom jeweiligen Buch abhängig. Hier mal eine Liste mit spannenden Inhalten, über die wir bei den verschiedensten Büchern schon gesprochen haben:
- Perspektive: Aus welcher Perspektive beobachten wir die Geschichte? Wer erzählt die Geschichte? Das ist schonmal ein spannender Einstieg, denn je nach Erzählperspektive und Erzählerstimme wird Nähe oder Distanz erzeugt, werden wir als Lesende zur Identifikation eingeladen oder bleiben wir auf dem Platz der Beobachter. Bei „Krabat“ von Otfried Preußler waren wir nah dran, denn wir haben alles durch die Augen der Hauptfigur gesehen. Genau wie er, wurden wir Leserinnen von dem vermeintlichen Müller manipuliert.
- Handlung: Was passiert? Sind die Entscheidungen der Figuren nachvollziehbar?
- Figuren: Wer sind hier die Hauptfiguren, die Helden und Gegenspieler? Gegenspieler können Figuren sein, aber auch andere Dinge, wie eigene Ängste der Hauptfigur. Wie lernen wir die Figuren kennen? Handeln sie glaubwürdig?
- Orte und Räume: An welchen Orten spielt die Geschichte? Welche Bedeutung haben die Orte oder Räume? Sehr oft sind diese symbolisch. In dem Kinderroman „Emilia und der Junge aus dem Meer“ (von Annet Schaaf) geht es um Außenseiter und Ausgrenzung und deshalb erleben wir die Figuren auch an den passenden Orten: in einem Leuchtturm auf einer Halbinsel, die wie ein loser Zahn am Festland hängt, hinter dem Zaun eines zugewachsenen Gartens in dem dortigen Haus im Turmzimmer ganz oben, im Zirkus hinter den Hauptattraktionen ganz weit hinten in dem letzten Zelt, am letzten Steg am Piratenschiff. Auch bei Cornelia Funkes „Herr der Diebe“ spielen die Szenen an besonderen Orten: die Straßenkinder verstecken sich in Venedig, deren einzelne Orte zugleich märchenhaft und dreckig sind, z.B. in einem alten verlassenen Kino, in einem Keller, sie laufen durch Gassen, fahren auf dem Kanal, sind gefangen auf einer Insel mit einem uralten Haus und einem Labyrinth.
- Zeiten in der Geschichte: Wird die Geschichte chronologisch erzählt? Gibt es mehrere Zeitebenen? Gibt es eine Vorgeschichte oder Rückblenden, mit denen vergangene Ereignisse erzählt werden? Rückblenden findet man in Träumen der Figuren, in Briefen, Tagebüchern oder anderen Dokumenten. Wird auf noch kommende Ereignisse hingedeutet? So etwas erfahren wir oft, in dem wir die Träume der Figuren lesen. Das ist ein Stilmittel, dass sich häufig im „Krabat“ (von Ottfried Preußler) findet.
- Tempo: Das Tempo von Geschichten kann höchst unterschiedlich sein. Gerade im Bereich der Kinderliteratur gibt es da eine große Bandbreite. Die „Mumiens“ (von Tove Janson) und „Das Buch der (un)heimlichen Wünsche“ (von Sabrina J. Kirschner) haben wir als schnell in Erinnerung. Hier werden Ereignisse, Begegnungen und Herausforderungen hintereinanderweg erzählt. Dabei müssen auch die Hauptfiguren in rasanter Geschwindigkeit die Orte wechseln oder Probleme lösen.
- Spannung: Wodurch wird in der Geschichte Spannung erzeugt? Oft fühlen wir uns in eine Geschichte verwickelt und fiebern mit, wenn wir uns gut mit den Figuren identifizieren können und wenn wir Fragen haben. Wenn wir herausfinden wollen, wie etwas zusammenhängt oder warum etwas passiert ist und ob die Figur ihr Ziel erreicht oder ob sie es schafft, bis zum vereinbarten Zeitpunkt etwas zu leisten. Im „Buch der (un)heimlichen Wünsche“ muss ein Kind einem jeweils anderen Kind einen Wunsch erfüllen, um seinen eigenen Wunsch ins das Buch hineinschreiben zu dürfen. Dazu muss das Kind herausfinden, wessen Wunsch es erfüllen muss und braucht dann pfiffige Ideen, wie es das erreichen kann. Da gibt es für uns Lesende jede Menge Fragen. Solche Fragen ergeben sich wie in diesem Kinderbuch entweder automatisch aus der Geschichte oder sie werden sogar von Figuren oder Erzählern selbst gestellt. In dem Jugendthriller „Erebos“ (von Ursula Poznanski) stellen wir Lesenden uns die Fragen, wie tief sich die Hauptfigur in dieses Spiel Erebos hineinziehen lässt, wie schlimm die Aufgaben werden, was das Ziel des Spieles ist, wer dahintersteckt, ob es gut enden wird.
- Themen: Worum geht es überhaupt in der Geschichte? Was wird inhaltlich verhandelt? Wie werden bestimmte Verhaltensweisen und Entscheidungen der Figuren nachvollziehbar? Braucht man Hintergrundwissen, um die Geschichte verstehen zu können? Uns hat z.B. ein kurzer Input über die Kultur und die politische Situation der neuseeländischen Maoris geholfen, um Handlungs- und Denkweisen in „Whalerider“ (von Witi Ihimaera) besser zu verstehen.
Jetzt du!
Vielleicht magst du dir die wichtigsten Punkte hier ausdrucken oder aufschreiben? Dann hast du eine Art Checkliste für deinen Austausch. Bestimmt haben wir auch Punkte vergessen, dann ergänze sie gern. Schreib uns auch gern in den Kommentaren, was dir bei Büchern wichtig ist! Dann können wir das in unsere Liste mit aufnehmen.
Ob du einen Buchclub selbst organisierst oder dir einen suchst, an dem du teilnehmen möchtest, wir wünschen dir viel Freude dabei, mit anderen über Bücher zu plaudern und dabei neue Geschichten zu entdecken oder Geschichten neu zu entdecken.
Deine Jana
PS: Die kleinste und persönlichste Form eines Buchclubs ist der Buddy-Read. Da verabredest du dich mit nur einer Person zum gemeinsamen Lesen. Ihr könnt bei langen Büchern auch vereinbaren, dass ihr zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte Kapitel lest und euch dann schon dazu austauscht. Das tolle daran ist, dass man dann beim Weiterlesen auf Sachen achten kann oder einfach zwischendurch Fragen beantwortet bekommt.
Unsere nächsten Buchclubs
für Kinder von 8-10 Jahren oder für Kinder/Jugendliche ab 11 im Schulhalbjahr 2024/2025 findest du hier. Du kannst alle Termine buchen oder auch nur an einem einzelnen teilnehmen, der dich besonders interessiert. Wir lesen und besprechen folgende Bücher:
Buchclub für Kinder von 8-10 Jahren:
- 08.09.2024 „Ich Athene und die mutigen Frauen aus Olympia“ von Frank Schwieger und Ramona Wultschner
- 06.10.2024 „Ich bin hier!“ von Joke van Leeuwen
- 03.11.2024 „Reißaus mit Krabbenbrötchen“ von Silke Schlichtmann
- 01.12.2024 Booktalk – Eure Lieblingsbücher
- 05.01.2025 „Der Leuchtturmwärter und ich“ von Michael Morpurgo
Buchclub für Kinder/Jugendliche ab 11:
- 08.09.2024 „Jukli oder wie ich einen kleinen Esel an der Backe hatte und nicht mehr loswurde“ von Corinna Poetter
- 06.10.2024 „Feuerwanzen lügen nicht“ von Stefanie Höfler
- 03.11.2024 „Das Mädchen Wadjda“ von Hayfa Al Mansour
- 01.12.2024 „Vier Wünsche ans Universum“ von Erin Entrada Kelly
- 05.01.2025 „Rappel im Karton“ Mandy Schlundt
Quellen zum Literarischen Gespräch:
Mayer, Johannes (2006): Literarisches Gespräch. In: Lexikon Deutschdidaktik, Bd. 1. Hg. v. Heinz J. Kliewer und Inge Pohl. Baltmannsweiler: 457-460.
Kruse, Iris (2007): Vorlesegespräche und das Verstehen erzählender Texte. In: Grundschulunterricht, H. 5, S. 4-8.
Ohlsen, Nele (2011): ‘Zwischen Stolper- und Meilensteinen’. Probleme und Chancen literarischer Gespräche in der Grundschule. In: „Seit ein Gespräch wir sind und hören voneinander“: Das Heidelberger Modell des Literarischen Unterrichtsgespräch in Theorie und Praxis. Hg. von Marcus Steinbrenner, Johannes Mayer & Bernhard Rank. Baltmannsweiler: 337- 360.
Hinterlasse einen Kommentar