Fanfiction und Fanzines. Schreiben zu Geschichten
Fanfiction und Fanzines sind tolle Möglichkeiten, sich kreativ mit seinen Lieblingsgeschichten, Lieblingsserien, seiner Lieblingsmusik, seinen Lieblingsfilmen zu beschäftigen. Fanfiction und Fanzines kann jeder machen, um so seiner Lieblingsgeschichte etwas hinzuzufügen oder einfach noch länger in der schönen Geschichte zu verweilen. Manchmal begegnet uns Fanfiction sogar in Geschichten.
In diesem Blogpost erfährst du, was Fanfiction und Fanzines sind. An einem Beispiel zeige ich dir, wie du selbst welche machen kannst und fasse am Ende in einer Checkliste für dein Fanzine alles zusammen.
Eine magische Schreibmaschine führt zu unserem Beispiel
In unserem letzten Buchclubtreffen haben wir über das Buch „Die Goldene Schreibmaschine“ von Carsten Henn gesprochen. In dem Buch wird eine Geschichte erzählt über das Mädchen Emily, das eher zufällig eine geheime Bibliothek in einer Bibliothek entdeckt. Und dort steht die goldene Schreibmaschine. Die Schreibmaschine hat besondere Fähigkeiten und auch die geheime Bibliothek ist besonders. In ihr sind alle Bücher der Welt. Auf der Schreibmaschine kann man Buchseiten umschreiben und in das jeweilige Buch einkleben. Sodann sind sämtliche Ausgaben dieses Buches verändert. So als wäre es schon immer so gewesen. Magisch. Du kannst dir sicher vorstellen, dass Emily auf allerlei Ideen kommt, als sie diese Fähigkeit der Schreibmaschine entdeckt. Aber es gibt auch einen Bösewicht in der Geschichte. Und der will die Macht. Mehr möchte ich hier nicht verraten. Welchen Eindruck dieses Buch bei einem Teilnehmer des Buchclubs hinterlassen hat, kannst du hier ausführlich und spoilerfrei nachlesen in unserem Bücherregal.
Was möchte ich sagen:
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- Wir erleben hier im Buch ein Mädchen, das etwas in ihren Lieblingsbüchern verändert, so dass sie ihr noch besser gefallen. Das ist Fanfiction.
- In der geheimen Bibliothek sieht das Mädchen auch Bücher, die gefangen und angebrannt sind. Später spricht sie mit ihrer Oma darüber. Bei ihr wohnt das Mädchen und zugleich arbeitet die Oma in der Bibliothek. Eine perfekte Ansprechpartnerin. Diese erklärt, dass es passiert, dass Machthaber Bücher verbieten oder verbrennen, wenn diese ihre Macht gefährden oder nicht zu deren Vorstellungen passen. Angeregt dadurch habe ich mich nochmal eingelesen in Informationen über Bücherverbrennungen in Deutschland. Dabei habe ich auch entdeckt, dass derzeit in den USA viele Bücher auf einfache Weise aus Schulbibliotheken, dem Unterricht und aus öffentlichen Bibliotheken verbannt werden. Schnell hatte ich das Bedürfnis, diese Informationen für mich so aufzubereiten, dass ich sie leicht wiederfinde und mir das Wichtigste merken kann. Das zusammen hat mich auf die Idee gebracht, selbst ein Fanzine zu diesem Buch zu erstellen und hier darüber zu schreiben.
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Was ist Fanfiction und was sind Fanzines?
Fanfiction bedeutet, dass Menschen zu ihren liebsten Büchern, Filmen, Serien usw. Geschichten schreiben, die Elemente aus diesen Originalgeschichten aufnehmen und weiterspinnen. Man kann Vorgeschichten, alternative Enden oder Fortsetzungen schreiben. Man kann Nebenfiguren eine große Bühne bereiten. Man kann sich einzelne Figuren genauer anschauen und ergründen, was sie bewegt hat, so zu handeln, wie man es in der Geschichte lesen konnte. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, als Fan zu seinen Lieblingsgeschichten etwas zu schreiben. Dabei kann man die Zeit mit der Geschichte verlängern und nebenbei seine eigenen Schreibfertigkeiten trainieren.

Fanzine von ©Tina Müller
Zines sind kleine Hefte, die man selbst mit wenig Aufwand herstellt, sammelt, tauscht oder günstig verkauft. Das Wort „Zine“ leitet sich von „Magazine“ ab und grenzt sich bewusst ab. Magazine, Zeitschriften werden von Verlagen kommerziell hergestellt. Hier muss man erst gewisse Hürden nehmen und Menschen (Gate-Keeper) überzeugen, um darin veröffentlichen zu können. Außerdem enthalten diese Zeitschriften Werbung, um die Zeitschriften zu finanzieren. Zines brauchen all das explizit nicht. Alle Menschen können Zines machen, es gibt keine Gate-Keeper zu überzeugen, keine Hürden zu überwinden. Man kann sie mit dem machen, was man zur Verfügung hat und günstig erwerben kann. Stift und Papier genügen fürs erste. Inhaltlich kann man sich darin künstlerisch frei und unperfekt ausdrücken: Man kann Gedichte und Geschichte schreiben, Collagen basteln, Bilder und Comics zeichnen, Fotografien abdrucken.
Fanzines (auch Fan Zines, Fan-Zines) sind solche Zines bezogen auf etwas, wovon man Fan ist. So sind wahrscheinlich auch die ersten Zines entstanden. Es gibt im Netz unterschiedliche Erzählungen über die Ursprünge von Zines. Sie entstanden rund um Punk und um Science-Fiction. Sie entstanden aber auch in Communitys diskriminierter Menschen, die so künstlerisch ihre Interessen vertraten und ihre Stimme erhoben. Deswegen gibt es viele Zine-Communitys der PoC, LGBTQ und Feministinnen.
Auf dem Bild siehst du ein Jane-Austen-Fanzine von Tina Müller (eigenstimmig.de, gekauft in ihrem Etsy-Shop „Miss Austen’s Booketerie“). Es enthält Texte über Jane Austen, ihre Zeit, ihre Figuren, ihren Einfluss auf die Literatur, Buchtipps und Zitate.
Wie kannst auch Du Fanzines machen?
1. Inhalt – Was beschäftigt dich?
Mach dir zuerst bewusst, worüber du gern ein Fanzine anfertigen möchtest: Welche Geschichte hat dich so gepackt, dass du dich weiter damit beschäftigen möchtest? Was hat dich da berührt oder gedanklich nicht mehr losgelassen? Sind es offene Fragen, ein doofes Ende, eine Figur mit unbekannter Herkunft? Ist es das Thema, die Stimmung oder die besondere Schreibweise? Oder vielleicht auch die originelle Illustration und Gestaltung des Buches?
Mein Beispiel: Ich möchte Themen aus „Die Goldene Schreibmaschine“ vertiefen: die Bedeutung von Geschichten bzw. die Kraft von Büchern und die Verbrennung und Verbote von Büchern.
Jetzt du: Worum soll es in deinem Fanzine gehen?
2. Gestaltung – Wie möchtest du dich mit dem Inhalt künstlerisch beschäftigen?
Möchtest du etwas schreiben? Hier gibt es viele Möglichkeiten.
- Ergänzungen im Stil der Originalgeschichte: Möchtest du im Sinne von Fanfiction etwas zur Originalgeschichte ergänzen oder anders schreiben? In dem Buch „Die Goldene Schreibmaschine“ hat die Hauptfigur das Ende eines Romans verändert. Möchtest du im Stil der Originalgeschichte eine Vorgeschichte schreiben oder eine Fortsetzung? Möchtest du einer Figur unbekannter Herkunft näher kommen, indem du ihre Hintergrundgeschichte erfindest? Möchtest du die offenen Fragen über die Motivation einer Figur beantworten, indem du dich in sie hineinversetzt und ihr Tagebuch schreibst? Oder willst du die seltsame Szene nochmal anders schreiben, wie es dir logischer erscheint?
- In der Stimmung verweilen: Möchtest du Gedichte zur Geschichte schreiben, um die Stimmung aufzubewahren?
- Themen der Geschichte ergründen: Oder geht es dir wie mir und du möchtest Themen vertiefen, Informationen sammeln und festhalten?
Möchtest du lieber mit einer anderen Kunstform etwas ausdrücken? Möchtest du Blackout-Poetry machen aus (kopierten) Buchseiten einer Geschichte? Möchtest du in Bildern die Stimmung einer Geschichte einfangen, Konflikte darstellen, die Figuren ausfantasieren? Möchtest du deine inneren Bilder rausholen, die du bei deiner Lieblingsmusik hörst? Möchtest du Songtexte illustrieren? Oder nochmal in den letzten Konzert- oder Kino-Besuch reinspüren? Du könntest dafür malen, zeichnen, aus vorhandenem Material collagieren, Fotografien anordnen.
Mein Beispiel: Für mich waren zuerst die Themen wichtig. Ich habe Informationen aufgeschrieben rund um das Buch: Warum hat Carsten Henn es geschrieben? Was waren unsere ersten Eindrücke im Buchclub? Welche Figuren handeln? Welche Themen sind in dem Buch wichtig? Ich habe auch einen fiktiven Tagebucheintrag verfasst, um mich der Hauptfigur zu nähern. Denn die Hauptfigur legt ihre Wut in ihrem Tagebuch ab, damit sie nicht mehr so schwer wiegt. Diese Idee hat mir so gut gefallen, dass ich dann noch ein kleines Tagebuch der Figur als Zine gebastelt habe. Das habe ich tagebuchartig mit Stickern verziert und per Hand geschrieben.
Für mein eigentliches Fanzine “Vertrauen in Bücher” habe ich Informationen gesammelt zur Bücherverbrennung 1933, zur aktuellen Situation in Deutschland und USA, habe Internetseiten und Institutionen notiert, die sich für die Freiheit des Wortes einsetzen. Ich habe ermutigende Zitate gesucht, Initiativen von Menschen, Buchempfehlungen und Booktube-Kanäle. Die Infos habe ich in Kästen geschrieben, einen Hintergrund eingerichtet, Zitate in anders farbigen Kästen kombiniert. Angesichts der Ernsthaftigkeit des Themas wollte ich ein schlichtes Layout, als Schriftart habe ich eine Art Schreibmaschinenschrift gewählt.
Jetzt du: Mit welcher Kunstform bist du vertraut? Oder was möchtest du neu ausprobieren? Was passt zur Geschichte und dazu, was du vertiefen oder ergänzen möchtest?
3. Größe und Form – Freiheit
Wie genau du dein Zine handwerklich herstellen magst, kannst du individuell entscheiden – nach deinem Geschmack, deinem Material, der Geschichte. Als Zine gilt jegliche Form und Größe.

Zines in unterschiedlichen Formaten und mit unterschiedlichen Bindungen
Die einfachste Form ist ein sogenanntes „One-page-zine“ oder „mini-zine“, das aus einem Blatt Papier gefaltet wird. Es hat ein Cover und 6 Seiten bzw. 3 Doppelseiten. Das Tagebuch der Hauptfigur Emily ist ein solches Zine, ebenso auf dem folgenden Bild das Zine „Blackout Poetry“. Die Faltanleitung dazu findest du unten auf unserer Website mit den kostenlosen Downloads: https://www.schreibdrueber.de/frei-fuer-dich. Andere Varianten von Zines sind selbstgebastelte Hefte aus gefalteten und gebundenen Seiten. In jeglichen Größen kann eine beliebige Anzahl von Blättern getackert, genäht, zusammengebunden oder geklebt werden. Wenn du kein Heft selbst basteln möchtest, kannst du natürlich auch Hefte kaufen. Hier reichen einfache Schulhefte, die möglichst wenig Druck erzeugen. Denn der Clou von Zines ist ja eben, dass man ganz entspannt und frei von Perfektionismus etwas selber macht.
Mein Beispiel: Für mein Fanzine “Vertrauen in Bücher” habe ich 14 Seiten plus Cover in der Größe A6 gewählt und beim Drucken entsprechende Einstellungen vorgenommen.
Jetzt du: Welche Materialien hast du? Wie viel Platz braucht dein Inhalt? Welches Format magst du?
Checkliste für dein Fanzine:
- Inhalt – Was beschäftigt dich?
- Welches Original möchtest du in einem Fanzine bearbeiten? (Buch, Reihe, Film, Serie, Musik, Bild, Ausstellung)
- Worum soll es in deinem Fanzine gehen? (Offene Fragen, anderes Ende, Figur, Thema, Stimmung)
- Gestaltung – Wie möchtest du dich mit dem Inhalt künstlerisch beschäftigen?
- Welche Kunstform möchtest du nutzen? Möchtest du dich in Text und/oder Bild ausdrücken? (Fanfiction schreiben, Malerei, Fotografie, Collage, Zeichnungen, Text-Bild-Kombinationen, Kombination mit Hintergründen)
- Welche Kunstform eignet sich für deinen Inhalt? (Fortsetzung, Ergänzung, Hintergrundgeschichten schreiben. Stimmungen, Figuren bebildern)
- Größe und Form – Freiheit
- Wieviel Platz braucht dein Inhalt? Welches Format magst du selbst gern? (Alle Varianten sind möglich von einem gefalteten Blatt Papier bis hin zu mehrseitigen Heften in sämtlichen Größen)
- Wie sollen die Seiten verbunden sein? (gefaltet, mit Gummiband gehalten, getackert, geklebt, genäht. Hier findest du eine einfache Anleitung in unserem Blogpost zur Fadenheftung)
- Möchtest du ein gekauftes einfaches Heft nutzen?
Ich wünsche dir viel Freude beim Ausprobieren. Male, fotografiere, collagiere und schreib drüber
Deine Jana
- Am 25.05.2025 findet der zweite Tag unseres Fanfiction-Workshops statt, in dem wir uns besonders den Figuren unserer Lieblingsgeschichten widmen. Anmeldungen sind noch möglich. Und weil uns der Workshop bisher solche Freude gemacht hat, werden wir im Herbst einen weiteren Workshop durchführen. Wenn du neue Lieblingsbücher mit uns entdecken möchtest, nimm gern an den Treffen unseres Buchclubs teil. Informationen findest du hier: „Schreibworkshops und Buchclubs“.
- Die ausführliche Rezension des oben genannten Buches “Die Goldene Schreibmaschine” von Carsten Henn findest du hier in unserem Bücherregal.
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