Kreative Selbstliebe 

Dir selbst Gutes tun mit Journaling, Kreativem Schreiben, Autobiografischem Schreiben und Self Love Letters 

Was für ein Tag, denke ich, während ich mich aufs Sofa plumpsen lasse. Ich möchte entspannen, fühle mich aber hin- und hergerissen zwischen meinen Alltagsaufgaben und dem Wunsch, mir etwas Gutes zu tun. Außerdem bedrückt mich, was gerade in der Welt los ist. Ich lese Nachrichten und fühle mich etwas verloren. Kennst du das? Wir erleben immer wieder diese Phasen, in denen wir uns schwer tun, uns um uns selbst zu kümmern, zur Ruhe zu kommen und die schönen Momente im Leben wahrzunehmen oder unsere eigenen Handlungsmöglichkeiten zu erkennen. In diesem Blogbeitrag erfährst du, wie dir verschiedene Schreibformen helfen können, kreativ zu sein, dir liebevoll selbst zu begegnen und dir selbst etwas Gutes zu tun. Am Ende findest du einfache Schreibimpulse, die du gleich ausprobieren kannst.

 

Hilfreiche Schreibformen

Es gibt viele Möglichkeiten, gut für sich selbst zu sorgen. Für eine Person ist es eher die bildende Kunst, für eine andere das Singen im Chor, Sport im Verein, ein Essen mit Freunden. Für uns – und wenn du diesen Blogpost liest vielleicht auch für dich – ist das Schreiben eine Lieblingsmethode, um befreit mit uns selbst und anderen zu sein. Dabei nutzen wir verschiedene Schreibformen, die wir dir gern ans Herz legen möchten:

  1. Journaling
  2. Kreatives Schreiben
  3. Autobiographisches Schreiben
  4. Self Love Letters

 

1. Journaling

Was ist das und wie wirkt das?

Die einfachste Form, sich schreibend etwas Gutes zu tun, ist das Journaling. Journaling ist vor allem ein persönliches Schreiben. Es ermöglicht dir auf dem Papier, deine Vergangenheit zu reflektieren, die Gegenwart wahrzunehmen und die Zukunft zu planen.

Journaling kann außerdem dabei helfen, deinen Kopf frei zu bekommen, denn du schaffst dir einen Speicher für all deine Gedanken. Schwarz auf weiß hältst du auch fest, was du noch vorhast, welche Ideen du mal verwirklichen möchtest. Du kannst aber auch sehen, welche Themen dich gerade beschäftigen. Du entlastest dich dabei mental, weil eben all diese Gedanken und Gefühle auf dem Papier abgeladen werden können. Sie drehen nicht mehr ihre Kreise im Kopf. Diese Journaling-Texte kannst du lesen und dann klarer überlegen, was du für dich selbst tun kannst.

 

Beispiele

  • Dankbarkeitstagebuch, Five-Minute-Journals, Erfolgsjournale oder das one-line-a-day-Buch, Wochen- oder Monatsrückblicke – Das sind meist Einschreibbücher, mit denen du eine reduzierte Journalingroutine aufbauen kannst. In wenigen Minuten täglich kannst du fokussiert Aspekte deines Lebens festhalten und dir bewusst machen. 
  • Die Morgenseiten nach Julia Cameron sind 3 handschriftliche Seiten jeden Morgen mit allen Gedanken, die dir gerade durch den Kopf schwirren, ohne die Seiten später zu lesen. Einfach zur Psychohygiene und um den Kopf frei zu bekommen.
  • Listen wie „Fun Facts about me“, „Personen, die mir wichtig sind“, „not-to-do-Liste“, „My happy-Playlist“, „Darauf kann ich mich bei mir verlassen-Liste“, mit denen man spielerisch schnell bestimmte Gedanken sammeln und sich eigene Ressourcen und Stärken bewusst machen kann.
  • Ideenjournale dienen als Speicher für all die kreativen Ideen, egal ob sie verwirklicht werden sollen oder nur aufbewahrt werden. Auf jeden Fall bekommen all deine kreativen Ideen so ihren Raum und ihre Wertschätzung.
  • In Art-Journals kannst du dich künstlerisch austoben und Seiten gestalten mit Zeichnungen, Malereien, Collagen mit oder ohne Text.
  • Journaling nach Impulsen (Prompts) – hier schreibst du zu bestimmten Fragen, wodurch du deinem Schreiben eine Richtung geben kannst und mehr über dich erfährst. So ein Prompt kann sein: Was würde ich jetzt gerade glücklich machen? 

 

2. Kreatives Schreiben

Was ist das und wie wirkt das?

Kreatives Schreiben ist im deutschsprachigen Raum ein sehr weiter Begriff. Man kann kreatives und literarisches Schreiben im Sinne einer Schriftstellerausbildung studieren. Es ist aber auch eine Methode in kreativen Schreibwerkstätten und im Schulunterricht. Kreatives Schreiben wirkt auch in therapeutischen und autobiographischen Ansätzen. 

Wenn wir hier von kreativem Schreiben sprechen, dann meinen wir ein spielerisches Schreiben literarischer Texte. Dafür nutzen wir gern Schreibimpulse bzw. Schreibspiele, probieren verschiedene Genres und Stile aus, schlüpfen in verschiedene Rollen und wechseln die Perspektiven. So können wir unserer Fantasie freien Lauf lassen. Dabei entstehen Texte wie Gedichte, kurze Erzählungen, Dialoge oder Briefe. Wir ergänzen sie mit Collagen, Zeichnungen, Fotos, Verzierungen. Alles, was uns in dem Moment des Kreieren in den Sinn kommt. 

Im Mittelpunkt des kreativen Schreibens steht für uns das Erschaffen und sich-Fallenlassen im Tun. Im kreativen Schreiben kannst du in den kreativen Flow kommen, ganz bei dir sein und dich ausprobieren, ohne ein Ziel zu verfolgen bzw. etwas leisten zu müssen. Und dennoch kannst du dabei etwas über dich erfahren: Du suchst nach der richtigen Formulierung, du probierst Worte und findest schließlich die passenden Worte und sprachliche Bilder, um deine Gedanken und Gefühle auszudrücken. Du kannst in Geschichten Ereignisse anders enden lassen, als du sie erlebt hast. So kannst du schauen, wie du dich selbst stärken kannst. In Märchen kannst du Archetypen entdecken, also Anteile deiner Persönlichkeit oder Menschen, die in dein Leben beeinflussen.  

 

Beispiele

  • Geschichten zu Bildimpulsen oder zu Musik schreiben. Es gibt in Büchern und im Internet zahlreiche Schreibimpulse. 
  • Gedichte nach bestimmten Formen wie z.B. ein Rondell über die aktuelle Jahreszeit, ein Haiku im Februar  
  • Märchen 
  • Dialoge, Szenen, die man am Tag irgendwo aufgeschnappt hat, kreativ notiert.
  • Fiktive Tagebucheinträge oder Briefe aus der Perspektive von Gegenständen oder Figuren aus der Literatur. Z.B. eine Flaschenpost von Pippi Langstrumpf oder eine Tagebucheintrag von ihrem Freund Tommy.
  • Stilübungen – das Ausprobieren unterschiedlicher Genres und Stile, z.B. eine Szene aus dem Supermarkt als Liebesgeschichte, als Komödie oder als Krimi.

 

3. Autobiografisches Schreiben

Was ist das und wie wirkt das?

Autobiografisches Schreiben ist eine Schreibform, bei der man selbst als im Mittelpunkt von Texten steht. Diese Texte können ganz unterschiedlicher Genres sein, etwa Anekdoten, Gedichte, Geschichten, Märchen, Briefe. Man kann hier unterscheiden in ein autobiografisches Schreiben zum Zwecke der Veröffentlichung, weil man anderen etwas von seinen Lebenserfahrungen weitergeben möchte. Und dann kann das autobiografische Schreiben auch den Zweck haben, dass man sich freundlich sich selbst zuwendet und eigene Erinnerungen selbstwertschätzend bewahrt oder Erlebnisse selbst-fürsorglich verarbeitet und Kraft daraus schöpft. 

Es ist also eine weitere kraftvolle Methode, um dich selbst kennenzulernen und dich zu erden. Du kannst du dir deine familiären Hintergründe bewusst machen, vergangene Erfahrungen ergründen und ein Verständnis dafür bekommen, wie du zu der heutigen Person geworden bist. Dabei geht es nicht nur um das Festhalten der eigenen Geschichte, sondern auch um das Erkennen, was dich stärkt und was dir in schwierigen Momenten Halt gibt. 

 

Beispiele

  • autobiografische Kurztexte in Form von Anekdoten, Gesprächen, Gedichten oder Geschichten, Märchen, Listen, Essays. In den Büchern „Ein Haus mit vielen Zimmern“ (herausgegeben von Sophia Jungmann und Karen Sölle) und „Schreibtisch mit Aussicht“ (herausgegeben von Ilka Piepgras) finden wir kurze literarische Texte verschiedener Genres von Schriftstellerinnen über ihr Schreiben. 
  • Das Memoir ist ein autobiografischer Text entlang eines Themas. Hape Kerkeling schrieb in „Ich bin dann mal weg“ über seine persönlichen Erfahrungen auf dem Jakobsweg. Oder Elke Heidenreich erzählt in ihrem Memoir „Hier geht’s lang“ über die Bücher, die sie im Leben begleitet haben. Joan Didion erzählt in „Das Jahr magischen Denkens“ über die Trauer um ihren Ehemann. Und Stephen King erzählt in “Das Leben und das Schreiben“ aus seiner autobiographischen Perspektive über das Schreiben und gibt persönliche Schreibtipps.
  • Die Autobiografie als chronologische zusammenhängende Erzählung (Michelle Obama „Becoming – Meine Geschichte“) oder als Zusammenstellung aus autobiografischen Kurztexten (wie bei Henning Mankell „Treibsand“)

 

 

4. Self Love Letters

Was ist das und wie wirkt das?

Liebesbriefe an sich selbst sind eine besonders schöne Form des Journalings, bei der kreatives Tagebuchschreiben mit der Briefform und Selbstliebe verbunden werden. 

In diesen Self Love Letters kannst du eine liebevollere Beziehung zu dir selbst aufbauen. Denn du bist die Person, die diese Briefe schreibt, und die Person, an die diese Briefe adressiert sind. Du kannst deine eigenen Briefe immer wieder lesen, dich einfühlen, darüber nachdenken und dir antworten. Diese Briefe machen Wünsche, Bedürfnisse und Gefühle auf eine fürsorgliche Weise sichtbar. Sie helfen dabei, dich von negativen Selbstgesprächen und Selbstzweifeln zu lösen und stattdessen liebevolle und aufbauende Worte zu formulieren. So kannst du Gefühle verarbeiten, dich mit all deinen Facetten wahrnehmen, dich besser kennenlernen, dir mit Nachsicht und Wertschätzung begegnen. 

Warum sind Self Love Letters so wertvoll? Studien belegen, dass unser Wohlbefinden zu 40 % auf unser aktives Handeln zurückzuführen ist. Das bedeutet, wir haben selbst einen großen Einfluss darauf. Gerade in schwierigen Zeiten können kleine, bewusste Aktionen Wunder bewirken: Beim Mathe-Lernen mit dem Nachbarskind, beim Lesen eines schönen Buches im Garten, beim lauten Jubeln bei einem gemeinsamen Spiel mit der Familie oder eben beim Schreiben von Geschichten, Gedichten und Liebesbriefen. Solche Momente fördern positive Gefühle, steigern unsere Kreativität und unsere Fähigkeit, die Welt aus verschiedenen Perspektiven zu sehen. Barbara Fredrickson, eine bekannte Forscherin auf dem Gebiet der positiven Psychologie, betont in ihrem Buch „Die Macht der guten Gefühle“, wie wichtig es ist, regelmäßig schöne Momente zu erleben. Denn nur so können wir unsere Stärken erkennen, unsere innere Balance halten und unsere Resilienz stärken.

 

Beispiele

In Self Love Letters kannst du…

  • dich selbst trösten, wenn es dir schlecht geht,
  • dir Mut zusprechen vor herausfordernden Situationen,
  • über deine kreativen Vorbilder schreiben und dir bewusst machen, was dich inspiriert,
  • alle Genres und Perspektiven ausprobieren, zu denen du Lust hast und z.B. deinem Ich als siebenjähriges Kind ein Märchen erzählen oder aus der Perspektive von dir als Teenager einen Song schreiben,
  • deine schönsten Erinnerungen mit dir teilen und dich daran erinnern, wie wertvoll die Zeit mit dir ist.

 

Unsere Schreibimpulse für dich  

 

Hier kommt die versprochene Schreibanregung. Die Grundidee stammt aus unserem Journaling-Arbeitsbuch. Der Schreibimpuls besteht aus drei Schritten. Diese drei Schritte bauen aufeinander auf und nutzen die eben vorgestellten Schreibformen. Du kannst die drei Schritte nacheinander gehen. Wenn dir das zu viel ist, such dir einfach die Schreibform aus, zu der du gerade Muße hast. 

 

 

      • 1. Schritt: Journaling.

        Schreib einen Journaling-Eintrag über den heutigen Tag. Lass deinen Gedanken freien Lauf und schau, was aufs Papier will. Hilfreiche Journaling-Prompts: Was hast du erlebt? Wen hast du getroffen oder kennengelernt? Was hast du beobachtet? Was stimmt dich nachdenklich? Was ist dir vom heutigen Tag im Gedächtnis geblieben? Worüber hast du dich geärgert? Was hat dich positiv überrascht?

      • 2. Schritt: Kreatives Schreiben in Kombination mit autobiographischem Schreiben.

        Die eigene Helden/Heldinnen-Geschichte. Schreib eine kurze Geschichte, die etwas von deinem heutigen Tag erzählt. Dafür kannst du deinen Journalingeintrag vom 1. Schritt als Inspiration nehmen oder frei loslegen. Such dir eine Szene oder einen Gedanken aus und erzähle darüber in der Er- oder Sie-Form. Hilfreicher Schreibimpuls: Wenn du nicht richtig in diese Form reinfindest, dann stell dir als Erzähler deine Tasche vor. Beschreibe in deiner Erzählung deine Begegnungen und deine Tätigkeit wie die einer Heldin/eines Helden in einem Roman, betone die Ereignisse, in der die Figur geglänzt hat, wo sie für sich eingestanden ist oder anderen bei etwas geholfen hat.

      • 3. Schritt: Self Love Letter.

        Schreibe dir als freundliche Reflexion einen Brief. Wenn es dir schwerfällt, einen Brief an dich zu schreiben, stell dir vor, du wärst deine beste Freundin oder dein bester Kumpel. Erzähle dir im Brief, wie  es dir beim Schreiben ging. Hattest du kreative Freude? Konntest du in einen Schreibflow eintauchen? Oder bist du eher nachdenklich geworden? Was beschäftigt dich gerade? Was brauchst du oder wovon brauchst du mehr, damit es dir gut geht? Welche Stärken von dir haben sich in der Geschichte gezeigt?
        Wenn du nur diesen Self Love Letter schreibst ohne die Schritte 1-2, dann wende dich dir ebenfalls liebevoll zu und schreib dir: Wie geht es dir gerade? Was brauchst du? Welche ermutigenden Worte kannst du dir selbst mitgeben? Worauf kannst du dich bei dir verlassen? Was magst du an dir? Welche Eigenschaften und welche Fähigkeiten haben dir in der Vergangenheit schon geholfen, dir selbst Gutes zu tun? 

 

Ermutigung

Wenn wir Geschichten über uns selbst erschaffen oder unsere Gefühle in Worte fassen, lernen wir, uns selbst mit mehr Mitgefühl und Offenheit zu begegnen. Es geht nicht darum, perfekt zu schreiben, sondern darum, ehrlich und freundlich zu sein und die eigene Wahrheit zuzulassen. Und sich dabei frei und gelöst zu fühlen.

Lass Worte fließen, entdecke dich neu und finde in deiner eigenen Stimme die Liebe zu dir selbst. Denn du bist es wert, gehört zu werden – vor allem von dir selbst. Was auch immer dich bedrückt oder beglückt, 

schreib drüber!

Deine Jana und Nora 

 

 

 

Quellen:

aus diesen Büchern haben wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse:

 

Links:

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