Wir feiern am 1.9.23 das handschriftliche Schreiben von Briefen.
Vielleicht geht es dir ja wie mir? Der tägliche Gang zum Briefkasten ist total unaufregend. Normalerweise finde ich Briefe von Ämtern, Auftraggebern, Versicherungen oder Stromanbietern vor. Aber manchmal überrascht mich ein persönlicher Brief und jedes Mal hüpft mein Herz dabei. Persönliche Briefe erhalten meine Familie und ich üblicherweise zu Geburtstagen oder Feiertagen. Sicher kennst du das auch. Aber von einer Freundin, die seit vielen Jahren in den USA lebt, bekomme ich einmal im Jahr einen Brief, in dem sie ausführlich berichtet, was gerade in ihrem Leben los ist. Sie greift nicht auf E-Mails zurück, obwohl man doch denken könnte, das wäre viel einfacher und vor allem kostengünstiger bei so einer weiten Entfernung. Aber nein, sie bestückt ihre Briefe persönlich mit Bildern und erzählt langsam von ihrem Leben und macht so ihr Leben im wahrsten Sinne für mich greifbar.
Heute am Welttag des Briefeschreibens denke ich an diese Briefe und meine Freundin und öffne meine alte Kiste mit den Andenken aus einer Zeit, als Briefe noch selbstverständlicher waren. Ja, ein paar besondere Briefe bewahre ich schon über 20 oder 30 Jahren auf. Doch wann habe ich eigentlich selbst zuletzt einen Brief geschrieben? Ich muss mir wehmütig eingestehen: Diese Zeit nehme ich mir eigentlich auch nicht mehr, obwohl ich eine große Sehnsucht habe, mich mal wieder richtig in einen Brief zu versenken und an meine Freundin zu schreiben.
WAS MACHT DAS BRIEFESCHREIBEN SO BESONDERS?
Kommt dir bekannt vor? So geht es wahrscheinlich vielen Menschen, wie auch Richard Simpkin. 2014 rief der Australier den Welttag des Briefeschreibens aus und fordert damit jedes Jahr am 1. September die Menschen auf, einen persönlichen Brief mit der Hand zu schreiben. Er möchte dazu anregen, gerade in den digitalisierten Gesellschaften innezuhalten und sich der Vorteile des handschriftlichen Briefeschreibens bewusst zu werden. Und das sind die Vorteile:
Achtsam schreiben, bei sich sein und an andere Denken
Zunächst einmal ist das Schreiben eines Briefes per Hand eine langsame und achtsame Art des Schreibens. Es fördert unsere Kreativität auf mehreren Ebenen. Man nimmt sich Zeit und greift vielleicht sogar zu einem besonderen Papier, Stift und Tinte. Da wir auf dem Papier nicht einfach unsere Worte und Sätze löschen können, überlegen wir länger, bevor wir den Stift aufs Papier setzen. Wir geben uns Mühe und denken in Ruhe nach, was wir in unseren Brief schreiben möchten. So nehmen wir unsere eigenen Gedanken und Gefühle bewusst wahr und versetzen uns zugleich in den Empfänger hinein. Was möchten wir gern mitteilen? Was möchten wir erzählen? Was möchten wir fragen? Wie interessiert uns die andere Person? Welche gemeinsamen Erinnerungen verbinden uns? Du siehst, solch ein slow writing kann schöne Gefühle wiederbeleben, und das ist wichtig für unser Wohlbefinden.
Sich persönlich zeigen
Unsere einzigartige Handschrift verleiht dann unseren wohl überlegten Worten eine ganz persönliche Note. Das kommt auch bei dem Empfänger oder der Empfängerin an. Sie können sehen, welche Mühe in dem Brief steckt und das vermittelt ihnen schon beim Anschauen das Gefühl, wie wertvoll sie für den Briefeschreiber sind. Auch unsere Gefühle scheinen mehr durch unsere Handschrift, vielleicht haben wir die Buchstaben besonders verziert oder kleine Zeichnungen beigefügt, manche Worte sind besonders sauber geschrieben und werden damit betont oder unsere Aufregung zeigt sich, weil die Handschrift schnell und unleserlicher wird.
Diese Erkenntnisse beschreiben meine diffuse Briefeschreibsehnsucht ganz gut: Mit einem Brief können wir ganz authentisch mit anderen Menschen in Kontakt sein, ihnen unsere Wertschätzung zeigen und uns selbst diesen schönen (langen 😉 Moment des achtsamen Schreibens schenken. Und wenn wir in Briefschachteln stöbern, können wir uns diese kostbaren Momente und lieben Menschen immer wieder vergegenwärtigen.
To Get a Letter – Write a Letter
Also los, ich werde meiner Freundin schreiben und du? Wem möchtest du mal wieder einen Brief schreiben? Magst du jemandem aus deiner Familie grüßen? Magst du vielleicht einen Lieblingsmenschen überraschen, den du regelmäßig siehst und sonst nur per Kurznachrichten kontaktierst? Möchtest du mit einem alten Freund in Erinnerungen schwelgen? Oder wie wäre es, gar dir selbst einen lieben Brief zu schreiben?
Und nun lasse ich die Tatstur in Ruhe, suche mir schönes Papier und schreibe einen Brief.
Nora
PS: Weil uns achtsames und kreatives Schreiben unterschiedlichster Formen schon länger begleitet, findest du hier noch ein paar Anregungen für deine Briefe:
Anregungen, wie du dein eigenes Briefpapier gestalten kannst, findest du in unserem Blogpost zum kreativen Papiergestalten
Warum auch ein Brief an sich selbst schön sein kann, erzählen wir in diesem Beitrag: liebevolle Briefe an sich selbst verfassen
Soll es etwas kürzer sein, dann empfehlen wir auch die gute alte Postkarte. Da gibt es sogar eine riesige Community von Postcrossern, die sich Postkarten an zufällig zugeloste menschen rund um die Welt schicken. https://jungle-writing.de/postcrossing/
Wenn du nicht weißt, was und worüber du schreiben kannst: Wie wäre es mit einem Märchen, einem Gedicht, einer gemeinsamen Erinnerung oder ein paar Fun Facts über dich?
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