So viele Schreibanregungen, um sein Leben in die Hand zu nehmen.

Ich habe mich schon mit einigen Bücher beschäftigt, in denen das Schreiben vermittelt wird, um Veränderungen in seinem Leben zu begleiten und sich selbst besser zu verstehen. Alle Bücher haben mich inspiriert und dazu beigetragen, mein Schreiben und mich zu erkunden, aber auch mein Wissen um die Möglichkeiten des so genannten therapeutischen Schreibens zu vertiefen. Das Buch der Psycho- und Poesietherapeutin Carmen Unterholzer sticht für mich jedoch aus den Büchern über das therapeutische Schreiben heraus. In der folgenden Buchbesprechung möchte ich zeigen, was alles in diesem Buch steckt und warum es sich lohnt, mit diesem Buch das therapeutische Schreiben zu beginnen. 

Ziel des Buches 

Carmen Unterholzer richtet sich mit ihrem schmalen Buch von etwa 120 Seiten an „Menschen, die  sich intensiv mit sich selbst beschäftigen wollen“ (S. 7). Mit vielen Schreibanregungen lädt sie ein, das Schreiben direkt auszuprobieren und das Gelesene zu verarbeiten. In ihren Erklärungen bezieht sie wissenschaftliche Belege ein und schafft es, wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Schreib- und Poesietherapie aber auch der Psychologie sehr nachvollziehbar darzustellen. 

Wie mit dem Buch gearbeitet werden kann

In der Einleitung zum Buch gibt die Autorin zunächst Hinweise zum Umgang mit dem Buch. Sie rät dazu, sich Zeit zu nehmen und das Buch gezielt zu nutzen, um eine bestimmte Veränderung im Leben zu begleiten. Darüber hinaus geht sie darauf ein, sich zu überlegen, womit geschrieben werden soll (S. 8). Sie selbst präferiert das Schreiben per Hand und begründet dies (auch wissenschaftlich), merkt dazu aber an, dass jede Person sich selbst das richtige Schreibwerkzeug suchen muss, denn am Ende geht es darum, sich beim Schreiben wohl zu fühlen (S. 9). Wichtig ist es ihr auch, dass man sich einen geeigneten Schreibplatz sucht und sein Wissen und Erfahrungen aus den Schreibanregungen des Buches sammelt. Sie rät also dazu, sich im doppelten Sinn einen Raum für das Schreiben zu schaffen, an einem ruhigen Ort und in einem Heft (S. 10). 

Kapitel 1 – Selbstwirksamkeit 

Nach der Einleitung erklärt sie in elf Kapiteln verschiedene Aspekte zum Schreiben und nimmt die Lesenden mit verschiedenen Schreibanregungen mit, sich selbst im Schreiben zu erleben. Im ersten Kapitel geht sie auf die Selbstwirksamkeit ein, erklärt, worum es dabei geht und welche Faktoren zu einer erhöhten Selbstwirksamkeitserwartung führen. Das ist der Grundstein für das Buch und die Übungen, denn bei der Selbstwirksamkeitserwartung geht es darum, in seine Fähigkeiten zu vertrauen, mit Herausforderungen umgehen und Veränderungen im eigenen Leben bewirken zu können (S. 12). Zur Vertiefung des Inhalts gibt es die erste Schreibanregung. Hier darf ein Akrostichon zu dem Wort Selbstwirksamkeit verfasst werden, um das Gelesene zu verarbeiten (S. 18). In der zweiten Anregung geht es dann um die eigenen Vorstellungen und Wünsche – worin möchte man sich selbst gern selbstwirksamer erleben, in welchem Bereich des Lebens möchte man sich verändern. Mit dieser Schreibanregung kann man also direkt beginnen, dieses Buch intensiv für sich persönlich zu nutzen. In der zweiten Schreibanregung kann man sich direkt damit auseinandersetzen (S. 19f.).

Wie schreiben wirkt in weiteren Kapiteln

In Kapitel 2 erklärt Unterholzer, wie Schreiben wirken kann. Auch dies erklärt sie wissenschaftlich, aber sehr verständlich. In der Schreibanregung lässt sie aber die Lesenden darüber nachdenken, wie sie selbst Schreiben schon erlebt haben und wie Schreiben ihnen gewirkt hat (S. 30). In den nächsten Kapiteln geht es dann um einzelne Punkte, wie schreiben genutzt und Veränderung im Leben bewirkt werden kann. So heißt das 3. Kapitel „Wie wir uns verändern“. Danach folgen die Kapitel: 

„4 Klären, Ordnen, Verstehen“ 

„5 Mit Ambivalenzen umgehen“ 

„6 Wie Schreiben entlasten kann“ 

„7 Möglichkeitsräume entwerfen“ 

„8 Bedeutung verleihen“

„9 Muster durchbrechen“

„10 Einsichten verankern“

Am Ende alles reflektieren

Im letzten Kapitel „11 Ende gut“ lässt die Autorin die Lesenden bzw. Schreibenden, ihre geschriebenen Texte Revue passieren zu lassen. Sie fordert dazu auf, die eigenen Texte zu lesen und diese auch zu überarbeiten. So können z.B. einige Aussagen in den Texten noch präzisiert werden oder es werden neue sprachliche Bilder gefunden, um ein Gefühl noch stärker darzustellen. Es könnte aber auch die Erzählperspektive verändert werden oder die Struktur des Textes, um mehr Klarheit zu gewinnen (S. 118f). Zum Schluss ermutigt sie ihre Lesenden, dranzubleiben und noch mal einen Blick auf sich zu werfen, auf das was mit dem Schreiben zu diesem Buch mit einem selbst geschehen ist (S. 122-124).

Warum für mich dieses Buch so besonders ist: 

1) Es ist kurz! Ja, es macht etwas mit mir, wenn das Buch nicht allzu lang ist. Es lässt mich einfacher einsteigen und überwältigt mich nicht mit der Fülle. Auch die Schreibanregungen sind unterschiedlich lang und gerade die ersten Übungen sind einfach und kurz gestaltet, sodass die Hemmschwelle einzusteigen angenehm niedrig ist. Carmen Unterholzer schafft es, anzuregen ohne gleich zu überfordern.

2) Carmen Unterholzer bezieht sich in ihren Beschreibungen psychologischer Phänomene und auch der Wirksamkeit des Schreibens auf wissenschaftliche Erkenntnisse. So schreibt sie nicht nur aus ihrer persönlichen Erfahrung heraus, sondern bekräftigt mit Forschungen ihre Aussagen. Für mich stärkt sich so das Vertrauen in dieses Buch und auch in die Schreibanregungen. 

3) Doch vor allem hat mich das Buch von Carmen Unterholzer überzeugt, weil die Schreibanregungen so unterschiedlich sind. In vielen Büchern, die Schreibanregungen zum Selbstcoaching geben, werden vor allem thematische Impulse gegeben, worüber man schreibend nachdenken könnte. Dazu wird vor allem das freie Schreiben empfohlen. Carmen Unterholzer jedoch variiert auch in den Textformen: Briefe, Dialoge, Kündigungen, Geschichten, aber auch Lyrikformen wie Elfchen, Zevenaar tauchen in den Schreibanregungen auf. Außerdem lässt sie die Schreibenden mit Perspektiven spielen: den Text von der Ich-Perspektive in eine Erzähler-Perspektive oder die Zeitform verwandeln. 

Wer das Schreiben mag und auch darum weiß, wie hilfreich es sein kann, sich schreibend mit seinem Leben auseinanderzusetzen, dem sei dieses Buch ans Herzgelegt.

– Nora – 

„Selbstwirksam schreiben – Wege aus der Rat- und Rastlosigkeit“ von Carmen C. Unterholzer

(130 Seiten, Veröffentlicht 2023 beim Carl-Auer-Verlag)

Hier geht’s zum Buch: „Selbstwirksam schreiben – Wege aus der Rat- und Rastlosigkeit“ 

Hier gibt es mehr zur Autorin: Carmen C. Unterholzer

Eine Gelegenheit, sich mit seiner eigenen Person und seinem Leben auseinanderzusetzen sowie seine Herkunft oder Erlebtes schreibend zu reflektieren, ist das autobiografische Schreiben. Dazu bieten wir bald wieder einen Workshop an: https://www.schreibdrueber.de/workshops-und-buchclubs

In unserem Bücherregal gibt es noch weitere Anregungen, um zu schreiben: 

– Ramona Jakob zeigt in ihrem Buch die Kraft der Poesie – das Schreiben von Gedichten

– Weitere Ratgeber zum Wohlschreiben und für Selbstcoaching gibt es auch in unserem Bücherregal

– Wir empfehlen außerdem das Magazin SchreibRÄUME

– Und wenn es kein Ratgeber oder Sachbuch sein soll, sondern ein Roman, der sich mit dem Thema beschäftigt, dann schau dir diesen Jugendroman an: Wolitzer „Was uns bleibt ist jetzt“